Amtsgericht Bad Neustadt/Saale, Urt. vom 24.08.2001, 1 C 109/01

1 C 109/01

Urteil

vom 5.10.2001

IM NAMEN DES VOLKES

 

Das Amtsgericht Bad Neustadt a. d. Saale erläßt durch Richterin Kleine

in dem Rechtsstreit

Kläger-

 Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Müller-Schallenberg & Partner, An der Schusterinsel 3, 51379 Leverkusen, Gz.: 308/00S11-D2

gegen

Beklagter-

Prozessbevollmächtigte:

wegen Forderung

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.8.2001 folgendes

Endurteil:

 

  • 1. Der Bescheid der für die Gemeinde            handelnden Verwaltungsgemeinschaft vom 28.02.2001, Az.:            , zugestellt am          , wird aufgehoben.
  • 2. Der Beklagte trägt die Kosten des Vorverfahrens in Höhe von 50,-- DM.
  • 3. Es wird festgestellt, dass dem Beklagten weder der im vorgenannten Bescheid festgestellte Wildschadensersatzanspruch in Höhe von 4.063,94 DM noch ein sonst entsprechender Wildschadensersatzanspruch aus den Schadensmeldungen des Beklagten vom 19.06.2000 und 04.09.2000 zusteht.
  • 4. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
  • 5. Das Urteil ist in den Ziffern 1, 2 und 4 durch Sicherheitsleistung des Klägers in Höhe von 5.500,-- DM vorläufig vollstreckbar.
  • Tatbestand:

 Der Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheides der Verwaltungsgemeinschaft        vom         sowie die Feststellung, dass dem Beklagten aus den zugrundeliegenden Vorfällen kein Schadensersatzanspruch zusteht.

Der Kläger ist Jagdausübungsberechtigter des gemeinschaftlichen Jagdbezirkes           . Der Beklagte ist Eigentümer der landwirtschaftlich genutzten Flächen Flur Nr.         , Flur Nr.       und           sowie Flur Nr.           . Im Jagdpachtvertrag vom 19.01.1995 zwischen der Jagdgenossenschaft          und dem Kläger finden sich zur Frage der Wildschadensersatzpflicht folgende Regelungen:

§ 8: “Der Pächter ist zum Wildschadensersatz – nicht – in dem des Bundesjagdgesetz und die landesrechtlichen Ausführungsvorschriften dazu bestimmten Umfange – entsprechend der im § 9 getroffenen Vereinbarung – verpflichtet.”

§ 9: “Es werden ferner folgende Sondbedingungen vereinbart: ..... Der Wildschaden ist mit 100 % vom Pächter zu übernehmen. Jagdschaden geht zu Lasten des Pächters.”

Der Beklagte hat im Juni 2000 einen Schaden dem zuständigen Jagdaufseher des Beklagten mitgeteilt. Am 19.06.2000 meldete sich der Beklagte bei der Gemeinde .........einen Schaden an seinen Grundstücken, Flur Nr. ......., Flur Nr.          . Am 02.09.2000 hat der Beklagte die Zeugen ........und ..........auf einen weiteren Schaden angesprochen. Am 06.09.2000 erfolgte eine Schätzung durch den Schätzer              bezüglich des Grundstücks Flur Nr.             . Am 23.09.2000 nach der Schätzer                   eine Schadenschätzung bezüglich der übrigen Grundstück vor. Auf das Schätzungsprotokoll vom 18.10.2000 wird ausdrücklich Bezug genommen. Am 28.02.2001 hat die Verwaltungsgemeinschaft den Vorbescheid erlassen. Wegen weiterer Einzelheiten wird ausdrücklich auf den Vorbescheid  (Bl. 18,19 d.A.) Bezug genommen. Der Vorbescheid wurde dem Kläger am 05.03.2001 zugestellt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass § 8 des Pachtvertrages widersprüchlich formuliert sei mit der Folge, dass die Regelung unwirksam ist und dem Beklagten bereits deshalb der aufgelistete Wildschaden nicht zustehe. Die Vereinbarung des § 9 sei nicht mit dem Kläger ausgehandelt worden. Der Vorbescheid sei formell fehlerhaft, da § 27 AVBayJG nicht beachtet worden sei. Die im Bescheid enthaltene Begründung genüge de Anforderungen nicht. Der Bescheid sei auch deswegen formell fehlerhaft, da e beide Wildschadensvorfälle in einem Schaden zusammenfüge. Dies sei gesetzlich nicht zulässig. Auch sei notwendig, dass im Bescheid die Berechnungsart des Schaden enthalten sei. Diese fehle. Weiterhin habe es im Verfahren auch nicht ansatzweise den Versuch einer gütlichen Einigung gegeben. Ferner sei der Bescheid fehlerhaft, da der Kläger nicht geladen worden sei. Der Kläger habe erst mit vorgerichtlichem Schreiben der gegnerischen Prozessbevollmächtigten vom 19.12.2000 von dem ihm gegenüber geltend gemachten Ansprüchen erfahren. Auch sei der Gutachter von dem Beklagten beauftragt worden. Folge der Formfehler sei, dass der Bescheid ohne rechtswidrig ist. Der Vorbescheid setze ein Prüfungsverfahren unter der Beteiligung des Geschädigten und des Jagdpächters voraus. Ferner sei der Vorbescheid vom 28.02.2000 auch der Höhe nach unverständlich und falsch. Aus der Begründung gehe hervor, dass sich die Summe der beiden Schäden auf 4.034,94 DM und die Summe der Schätzkosten auf 128,-- DM belaufe. Der Vorbescheid enthalte aber einen ersatzpflichtigen Schaden in Höhe von 4.063,94 und eine Kostentragung von 50,--DM.

Der Kläger trägt weiter vor, der Beklagte habe den Schaden nicht innerhalb der Wochenfrist des § 34 Satz 1 BJG bei der für des beschädigte Grundstück zuständigen Behörde angemeldet. Der Kläger bestreitet ausdrücklich, dass es sich bei dem am 19.06.2000 gemeldeten Schaden um einen Schaden handelt, der Mitte Juni entstanden sei. Allein aus der Anmeldung könne man nicht auf die Rechtzeitigkeit schließen. Auch sei der Beklagte seiner Pflicht, seine Felder auf Wildschäden zu kontrollieren, nicht nachgekommen. Eine rechtzeitige Anmeldung beim zuständigen Jagdaufseher genüge nicht. Der Schaden vom 04.09.2000 sei überhaupt nicht gemeldet worden und für diesen Schaden sei gar kein Vorbescheid ergangen.

Weiterhin sei dem Beklagten auch kein Wildschaden auf den vorbenannten Grundstücken Mitte Juni 2000 durch Schwarzwild entstanden. Zwar habe der Beklagten dem Zeugen           Mitte Juni einen angeblichen Wildschaden gemeldet. Als sich der Zeuge       zusammen mit dem Zeugen               zu den Grundstücken begeben habe, sei aber gerade keinerlei Wildschaden erkennbar gewesen. Ebenso habe der Beklagte den Zeugen     und      einen weiteren Schaden am 02.09.2000 gemeldet. Als diese sich vor Ort begeben hätten, hätten diese aber keinerlei Schaden feststellen können. Der Zeuge      sei im Übrigen weder zum Empfang noch zur Abgabe von Willenserklärungen für den Kläger bevollmächtigt gewesen.

Der vom Schätzer                am 18.10.2000 geschätzte Schaden sei nicht Mitte Juni entstanden. Es sei nicht festzustellen, inwieweit eine Vermischung zwischen jüngeren und älteren Schäden stattgefunden habe. Es sei jedenfalls objektiv unmöglich, Ende Oktober 2000 einen Wildschaden von Mitte 2000 sach- und fachgerecht sowie insbesondere hinsichtlich der Schadensursache und des Schadenumfanges festzustellen. Der Schätzer hätte des Weiteren verkannt, dass im Revier des Klägers damals und zur heutigen Zeit erhebliche Schäden durch Hasen verursacht worden seien. Zu beachten sei, dass das Revier         über einen außerordentlich gesunden und umfänglichen Hasenbestand verfüge; Schäden, die hierauf zurückgehen, müssten zwingend vorliegen, seien aber nicht mit ins Schätzerprotokoll aufgenommen worden. Weiterhin sei am 19.08.2000 die gesamte Region durch ein starkes Unwetter (Hagel, Sturm, Windhosen) heimgesucht worden mit der Folge, dass der in der gesamten Region angebaute Mais- und Rübenbestand komplett durchlöchert worden sei. Sämtliche Landwirte seien deshalb gezwungen gewesen, weit vor der Ernte eine Notsilierung vorzunehmen, was auch geschah. So weit der Beklagte also am 01.09.2000 in seinem Maisfeld einen Schaden festgestellt habe, habe es sich nicht um einen Wildschaden gehandelt. Der Kläger trägt weiter vor, dass die vorgenommene Schätzung falsch sei. Der Gutachter           hätte nie zuvor Wildschäden an Zuckerrüben geschätzt. Ferner fehle auch die Angabe der Klasseneinteilung der Zuckerrüben.

Der Kläger beantragt daher,

  • 1.Unter gleichzeitiger Aufhebung des Bescheides der für die Gemeinde      handelnden Verwaltungsgemeinde         vom 28.02.2001, Az.:            , festzustellen, dass dem Beklagten weder der im vorbenannten Bescheid festgestellte Wildschadensersatzanspruch in Höhe von 4.063,94 DM noch sonst ein entsprechender Wildschadensanspruch aus den Schadensmeldungen des Beklagten vom 19.06.2000 bzw. vom 04.09.2000 zusteht;
  • 2.Unter gleichzeitiger Aufhebung des Bescheides der für Gemeinde       handelnden Verwaltungsgemeinschaft           vom 28.02.2001, Az.:     , dem Beklagten die Kosten des Feststellungsverfahrens in Höhe von 50,-- DM aufzuerlegen.
  • Der Beklagte beantragt,
  • die Klageabweisung.
  • Der Beklagte ist der Ansicht, der unter Ziffer 1 mitgestellte Feststellungsantrag sei unzulässig, da es dem Kläger insoweit an einem Feststellungsinteresse fehle. In dem Verfahren auf Aufhebung des Vorbescheides werde bereits darüber entschieden, ob dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch zustehe oder nicht.

Der Bescheid sei auch formell rechtmäßig. Die Gemeinde selbst habe keine Ausführung über die Rechtzeitigkeit der Anmeldung machen müssen. Da die Gemeinde entgegen § 25 Abs. 4 AVBayJG den Vorbescheid erlassen haben, stehe fest, dass die Gemeinde von der Rechtzeitigkeit der Anmeldung ausgegangen sei. Auch liege kein Verstoß gegen  27 AVBayJG vor, da das Gutachten des Schätzers nicht Bestandteil des Vorbescheides sei. Des Weiteren entsprächen die Schätzungsprotokolle auch den Vorgaben des § 27 Abs. 2 AVBayJG. Den Erfordernissen des § 27 Abs. 3 Satz 2 AVBayJG entspreche der Vorbescheid. Auch könne die Gemeinde zwei Wildschadensfälle in einem Bescheid zusammenfassen. In beiden Schadenfällen sei de Sachverständige              nicht durch die Parteien, sondern durch die Gemeinde        beauftragt worden. So weit ein Verstoß gegen “ 26 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG vorliege, weil der Ersatzpflichtige nicht zu Schätztermin geladen worden sei, bleibe dieser formelle Verstoß unbeachtlich, da sich der Beklagte jeweils dem Zeugen      in dessen Eigenschaft als Jagdaufseher des Klägers über eine Begutachtung mit dem Zeugen     kurz vor der Erntezeit geeinigt habe. Da diesbezüglich      eine Einigung vorgelegen habe, habe der Bürgermeister      der Gemeinde      den Sachverständigen      zur Begutachtung des Zuckerrübenschadens erst im Herbst beauftragt. Dieser Begutachtungstermin sei vom Sachverständigen auch dem Kläger persönlich bekannt gegeben worden. Der Kläger sei aber nicht erschienen, sondern die Zeugen      und        . Sie hätten mitgeteilt, dass der Kläger es ablehne, zu erscheinen. Eine unterlassene Anhörung sei nach §§ 45, 46 AVBayJG unbeachtlich. Der angegriffene Vorbescheid weise auch im Hinblick auf den Schaden vom 04.09.2000 keine Formfehler auf. Im Falle des Maisschadens sei der Begutachtungstermin im Beisein der Jagdaufseher      und      durch den Bürgermeister       mit dem Sachverständigen vereinbart worden. So weit der Kläger einen offensichtlichen Rechenfehler rüge, sei dieser nicht beachtlich, da sich dieser zu Gunsten des Klägers auswirke.

Auch sei die Wochenfrist eingehalten worden. er Beklage behauptet, er habe den Wildschaden an seinen Zuckerrüben am 15.06.2000 festgestellt. Noch am gleichen habe er diese Schwarzwildschäden dem Jagdaufseher des Klägers gemeldet. Am 19.06.2000 habe der Beklagte sodann mündlich den Schaden der Gemeinde als zuständiger Jagdbehörde gemeldet. Die Erklärungen seien zu Protokoll erklärt worden. Ob und inwieweit ein Protokoll aufgenommen worden sei, ist dem Beklagten unbekannt. der Beklagte behauptet weiter, dass er am 01.09.2000 in seinem Maisfeld – Flur Nr.:       einen weiteren Schwarzwildschaden festgestellt habe. Am 02.09.2000 habe der Beklagte die Zeugen     d    auf den von ihm festgestellten Schaden angesprochen. Diese hätten diesen vor Ort feststellen können. Am 04.09.2000 sei die Meldung wiederum mündlich zu Protokoll bei der Gemeinde     erfolgt. Unbekannt sei dem Beklagten ob ein Protokoll aufgenommen worden ist. Am 06.0.2000 sei der Schaden sodann vom Schätzer        geschätzt worden. Der Schätzer habe in seinem Protokoll auch festgehalten, dass das gegenständliche Maisfeld eine Gesamtgröße von 2,2 ha aufweise und das die geschädigte Fläche 355 qm betrage. Dies sei auch durch Wildschweine erfolgt. Weiterhin habe der Beklagte auch regelmäßig seine Felder auf ihre Zustand überprüft. Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Zeuge    auf jeden Fall Empfangsbote des Klägers sei.

Der Beklagte führt weiter aus, dass der Kläger gem. § 9 des Jagdpachtvertrages verpflichtet sei, Wildschadenersatz in Höhe von 100 % zu leisten. Diese Regelung sei auch nicht unwirksam, da es sich bei der Regelung des § 9 offensichtlich um eine Individualvereinbarung handele, die gem. § 4 AGBG Vorrang vor der Regelung des § 8 des Vertrages genieße. Der Beklagte behauptet, ihm sei ein Schaden in Höhe von 3.928,44 DM nebst späteren Schätzkosten an den Grundstücken Flur Nr.:        sowie  ..... durch Wildschaden entstanden. Der Schaden habe sich wie folgt auf die einzelnen Grundstücke verteilt:

Grundstück    0,46 ha, 29,8 % Fehlstellen davon 17 % nicht aufgelaufen, 12,8 % Wildschaden, entspricht 973 qm.

Grundstück    0,75 ha, 29 % Fehlstellen davon 17 % nicht aufgelaufen, 32 % Wildschaden, entspricht 2.475 qm.

Grundstück    , 2,87 ha, 9 % Fehlstellen davon 17 % nicht aufgelaufen, 12 % Wildschaden, entspricht 3.444 qm.

Schadenfläche insgesamt 6.892 qm.

Bei der Besichtigung der Flächen am 25.06.2000 im Beisein der Zeugen    und    sei deutlich erkennbar gewesen, dass die betroffenen Zuckerrübenflächen des Beklagten offenkundig beschädigt wurden. Man sei überein gekommen, dass – da das Gesamtausmaß des Schadens noch nicht abschließend feststellbar sei – der Schaden erst im September durch einen Gutachter geschätzt werden solle. Der Beklagte und der Zeuge     seien sich über die Formalien der Schadenfeststellung einig gewesen. Der Beklagte weist insofern auf § 25 Abs. 5 AVBayJG hin, wonach das Recht der Beteiligten, Wild- und Jagdschadenssachen ohne Vorverfahren zu regeln unberührt bleibt. Von diesem Recht hätten die Beteiligten Gebrauch gemacht Weiterhin hätten sich die Beteiligten durch Vereinbarung unter Außerachtlassung der §§ 26, 27 AVBayJG bei der Schadenschätzung am 23.09.2000 dadurch geeinigt, dass sie mit der Schadenschätzung einverstanden waren. Der Schätzer     sei am 18.10.2000 auch durchaus in der Lage gewesen zu schätzen, auf welche Höhe der sich im Juni 2000 durch Wildschweine verursachte Schaden belaufe. Diese Vorgehensweise sei auch im § 31 Abs. 2 Satz 1 BJG so vorgesehen. Bei Schäden, die der Schätzer    am 18.10.2000 in seinem Schätzerprotokoll festgehalten habe, handele es sich ausschließlich um Schäden, die durch Wildschweine verursacht worden seien. Die vom Schätzer     angewandt Berechnungsmethode sei ortsüblich und auch angemessen.

Hinsichtlich des weiteren Parteienvorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.08.2001 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet. Der Vorbescheid der Verwaltungsgemeinschaft      vom 28.02.2001 ist rechtswidrig und aufzuheben. Darüber hinaus ist festzustellen, dass dem Beklagten gegen den Kläger kein Wildschadensersatzanspruch aus den Schadenmeldungen 19.06.2000 und 04.09.2000 zusteht.

  • 1.Die Klage ist zulässig. Gem. § 29 Abs. 2 Nr. 2 AVBayJG ist bei Erlass eines Vorbescheides Klage zu erheben vom Ersatzpflichten gegen den Ersatzberechtigten auf Aufhebung des Vorbescheides und anderweitiger Entscheidung über den Anspruch oder auf Herabsetzung des festgesetzten Betrages. Ein Vorverfahren hat hier stattgefunden. Das Amtsgericht Bad Neustadt a.d. Saale ist sachlich zuständig gem. § 23 b Buchstabe d GVG, § 29 Abs. 1 AVBayJG ohne Rücksicht auf den Streitwert und örtlich gem. § 29 Abs. 1 Satz 2 AVBayJG. Auch hier ist die Klage binnen der Notfrist von zwei Wochen gem. § 29 Abs. 1 AVBayJG erhoben worden. Der Bescheid vom 28.02.2001 wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 05.03.2001 zugestellt. Die Klage ist am 19.03.2001 bei Gericht eingegangen und somit fristgerecht. Der Kläger hat ferner auch ein berechtigtes Interesse an der negativen Feststellung, dass der Beklagte gegen ihn keinen Anspruch auf Ersatz eines Schadens hat, § 256 ZPO. In diesem Verfahren war der Vorbescheid aufzuheben. Damit steht für den Kläger aber noch nicht rechtskräftig fest, dass er vom Beklagten nicht auf Wildschadensersatz wegen der Schadensmeldungen in Anspruch genommen wird. Wird der Bescheid wegen formeller Mängel aufgehoben, so ist umstritten, ob das Verfahren neu durchzuführen ist oder aber ob das Gericht selbst entscheiden kann. Die gesetzliche Regelung des § 29 Abs. 2 Nr. 2 AVBayJG weist auf die letztere Lösung hin. Weiterhin besteht das Feststellungsinteresse im vorliegenden Fall, weil sich der beklagte Landwirt unter Umständen noch eines Anspruchs aus einer Vereinbarung berühmt, vgl. § 25 Abs. 5 AVBayJG.
  • 2. Der Vorbescheid war aufzuheben, da dieser formell rechtswidrig ist. Weder ist dargelegt, dass eine ordnungsgemäße Anmeldung schriftlich oder zur Niederschrift erfolgt ist noch ist das Verfahren gem. § 26 AVBayJG ordnungsgemäß durchgeführt worden.
    • a) Unklar ist der Vortrag des Beklagten bereits dahingehend, ob überhaupt eine ordnungsgemäße Anmeldung erfolgt ist. Gemäß § 25 AVBayJG hat die Anmeldung schriftlich oder zur Niederschrift zu erfolgen. Der Beklagte hat selbst vorgetragen, dass er die Schadensfälle mündlich gemeldet hat. Allerdings seien die Erklärungen zu Protokoll erklärt worden. Der Beklagte führt hierbei aber selbst aus, dass ihm unbekannt sei, ob die zuständige Sachbearbeiterin eine Niederschrift angefertigt hat. Der Beklagte legt damit die Voraussetzung der Anmeldung nicht vor. Der Beklagte trägt aber die Darlegungs- und auch die Beweislast für die ordnungsgemäße Anmeldung. Dieser ist er nicht nachgekommen.
    • b) Weiterhin ist der Bescheid auch wegen Verstoßes gegen § 26 AVBayJG formell rechtswidrig. Die Gemeinde hat unstreitig zu keiner Zeit den Kläger selbst angehört und ihn selbst auch nicht zu einem unverzüglichen Schätztermin geladen. Hiermit ist die Gemeinde ihrer Pflicht nach § 26 Abs. 1 AVBayJG aber nicht nachgekommen. Nach dieser Vorschrift hat die Gemeinde unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, einen Schätzungstermin am Schadenort anzuberaumen, um auf eine gütliche Einigung zwischen den Parteien hinzuwirken. Hierzu hat sie gem. Abs. 1 Satz2 den Geschädigten und Ersatzverpflichteten zu diesem Termin zu laden mit dem Hinweis, dass im Fall des Nichterscheinens mit der Ermittlung des Schadens begonnen werden kann. Der Ladung der Betroffenen zum Schätztermin kommt deshalb besondere Bedeutung zu, weil auf dieser Weise ihnen nicht nur das gebotene rechtliche Gehör gewährt wird, sondern weil jeder Beteiligte selbst an der objektiven Feststellung der wahren Schadensursachen mitwirken kann. Der Vorbescheid setzt deshalb ein Prüfungsverfahren unter der Beteiligung des Geschädigten und des Jagdpächters voraus. Da ein solches Prüfungsverfahren hier nicht durchgeführt wurde, hätte der Vorbescheid nicht erlassen werden dürfen. Dieser Mangel ist so schwerwiegend, dass deshalb der Vorbescheid keine Rechtsgrundlage hatte und aufzuheben ist. Hieran ändert auch nicht die behauptete Einigung zwischen dem Beklagten und dem Zeugen    am 25.06.2000 und 23.09.2000. Weder ist ein Verzicht auf zwingende Verfahrensvorschriften zulässig, noch ist der Zeuge     als Jagdaufseher des Klägers dessen Vertreter, so dass etwaige Willenserklärung den Kläger nicht binden. Auch der Vortrag des Beklagten, der Zeuge     sei Empfangsbote, ist insofern unbeachtlich. Weiterhin können sich die Beteiligten zwar gem. § 25 Abs. 5 AVBayJG einigen; tun sie dies aber gerade nicht, so hat die Gemeinde die Verfahrensvorschriften einzuhalten. Zwar kann nach § “& Abs. 2 AVBayJG jeder Beteiligte beantragen, dass bei landwirtschaftlich genutzten Grundstücken der Schaden erst in einem späteren kurz vor der Ernte abzuhaltenden Termin festgestellt werden soll. Zu diesem Termin am 25.06.200o ist aber bereits der Kläger gar nicht geladen worden, so dass er eventuelle Mitwirkungsrechte (auf nicht vorhandene Spuren oder auf Spuren, die auf eine andere Ursache hinweisen etc.) auch gar nicht geltend machen konnte. Der Ladung zum eigentlichen Schätztermin drei Monate nach der Schadensmeldung durch den Sachverständigen, wo die Spuren nicht mehr vorhanden und darum eine Beweissicherung nur noch schwer möglich ist, reicht insoweit keinesfalls und ist mit dem Zweck des Vorverfahrens der Beweissicherung nicht zu vereinbaren. Da die Beteiligungsrechte des Klägers im Vorverfahren verletzt worden sind, war der Bescheid dementsprechend aufzuheben.
  • 3.Auch die Feststellungsklage ist begründet, da dem Beklagten ein Wildschadensersatzanspruch weder aus § 29 Abs. 1 Satz 3 BJG noch aus Vertrag hinsichtlich der Schadensmeldungen vom 19.06.2000 und 04.09.2000 zusteht.
  • Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 29 Abs. 1 Satz 3 BJG. Das Gericht kann über die Frage, ob dem Beklagten ein Anspruch zusteht entscheiden, da der Vorbescheid, wie oben dargelegt, mit schweren Mängeln behaftet ist. Das gerichtliche Verfahren erstreckt sich im Rahmen der Anträge auf die formelle und materielle Prüfung des Streitstoffes. Im Fall der formellen Verstöße kann das Gericht selbst entscheiden.
  • Der Beklagte hat die materiell rechtliche Ausschlussfrist des § 34 BJG von einer Woche nicht eingehalten. Bestehende Rechte erlöschen, sofern sie nicht ordnungsgemäß und insbesondere fristgerecht bei der zuständigen Behörde angemeldet werden. Ansprüche auf Schadensersatz von Wild- und Jagdschaden müssen von Berechtigten binnen einer Woche, nachdem er vom Schaden Kenntnis oder bei gehöriger Sorgfalt erhalten hätte, bei der Verwaltung der Gemeinde angemeldet werden, in deren Bereich das Grundstück liegt.
  • Hierbei ist erforderlich, dass der Landwirt seine Grundstücke in regelmäßigen Abständen auf den Zustand überprüft. Eine Anmeldung ist nur dann als ausreichend anzusehen, wenn aus ihr hervorgeht, welcher Schaden, wo genau, durch welche Schadensursache entstanden ist. Zum Nachweis der Fristwahrung gehört auch der Nachweis des Zeitpunktes der Schadensentstehung. Der Beklagte hat nicht ausreichend dargelegt, dass seine Anmeldung den oben genannten Anforderungen entspricht. Der Beklagte hat keinen Beweis dafür angeboten, wann genau er den Schaden positiv festgestellt hat und er hat ferner nicht ausreichend dargelegt, wann konkret er seine Felder überprüft hat. Der Beklagte hat zwar behauptet, dass er dieser Verpflichtung nachgekommen ist. Auch hat er dafür Beweis angeboten durch Einvernahme seiner Ehefrau als Zeugin. Es fehlt aber nach wie vor am konkreten Vortrag, wann die verfahrensgegenständlichen Felder im Mai/Juni sowie August/September konkret überprüft worden sind, wann sie noch unbeschädigt waren, sowie wie viel Zeit bis zur Beschädigung verstrichen ist. Der Vortrag reicht trotz des Hinweises in der mündlichen Verhandlung nicht aus, um der Darlegungspflicht hinsichtlich des Zeitpunktes der Schadensentstehung gerecht zu werden. Nicht schlüssig dargetan ist, ob der Beklagte früher Kenntnis vom Schaden bei Beobachtung gehöriger Sorgfalt erlangt hätte mit der Folge, dass die Wochenfrist abgelaufen ist. Diese Zweifel gehen zu Lasten des Beklagten. Ferner hat der Beklagte auch nicht dargelegt, dass aus der Anmeldung konkret hervorgeht, welcher Schaden wo genau, durch welche Schadensursache, entstanden ist. Diese Anforderungen sind notwendig. Dieses ergibt sich aus dem Zweck der Frist, der darin besteht, aus Beweissicherungsgründen zu einer schnellen Schadensfeststellung und Regelung der Angelegenheit zu kommen, da es vielfach auch für einen erfahrenen Schätzer sehr schwer ist, erst nach längerer Zeit festzustellen, ob der angemeldete Schaden lediglich durch Schalwild im Sinne des § 29 BJG verursacht wurde oder ob er auch bzw. allein auf Witterungsverhältnisse, Bestellungs- oder Düngungsfehler u. ä. zurückzuführen ist. Da bei der Schadensfeststellung  schnell vergängliche Merkmale wie Fährten, Spuren oder Geläuf, Losung oder Gestüber, Verbissstellen sowie Zahnabdrücke eine Rolle spielen und das äußere Bild der Schadensverursachung sich rasch ändern kann, sind diese genauen Angaben innerhalb der Frist unabdingbar. Da der Beklagte diesen Anforderungen nicht nachgekommen ist, ist die Frist des § 34 BJG nicht eingehalten.
  • Dem Beklagten stehen ferner auch aus Vertrag keine Ansprüche auf Schadenersatz gegen den Kläger zu.
  • Zwar bestimmt § 25 Abs. 5 AVBayJG, dass die Parteien auch unabhängig von den Regelungen des Jagdrechts sich einigen können; offen bleibt aber, welcher Inhalt die Vereinbarung konkret hatte. Nach dem Vortrag des Beklagten haben sich der Beklagte und der Zeuge          lediglich darauf geeinigt, den Schaden im September schätzen zu lassen. Bei der Schätzung am 23.09.2000 hätten sie sich nochmals über diese Vorgehensweise geeinigt. Eine Willenserklärung des Kläger dahingehend, dass er sich verpflichtet hat, dem Beklagten Schadensersatz in Höhe des Schätzgutachtens des Gutachters zu zahlen, ist vom Beklagten hierdurch aber nicht vorgetragen.
  • 4.Gemäß § 29 Abs. 2 Satz 2 AVBayJG ist nach billigem Ermessen über die Kosten des Vorverfahrens im Urteil zu entscheiden. Da das Vorverfahrens im Urteil zu entscheiden. Da das Vorverfahren fehlerhaft durchgeführt worden ist und dem Beklagten kein Wildschadensersatzanspruch zusteht, hat der Beklagte die Kosten zu tragen.
  • 5.Der Beklagte hat als der Unterlegene die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 ZPO.
  • 6.Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.