Landgericht Münster, Urteil vom21. Januar 1983 - 4 O 448/82
Nr. 43 Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bei Treibjagden, § 823 BGB; §§ 33 ff. BJG
- LG Münster – Urteil vom 21. Januar 1983 – 4 O 448/82 – rechtskräftig – Archiv DJV – vgl. RdL Nr. 7/83 Seite 175 und Nds. Jäger Nr. 18/83 – Seite 960
1.
Nicht zum Jagdschaden gemäß §§ 33 ff. BGB gehören die Schäden, welche nicht durch, sondern nur bei Jagdausübung verursacht werden.
2.
Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht beruht auf dem Gedanken, dass jeder der Gefahrenstellen schafft, die Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen hat. Folglich ist ein Jagdherr verpflichtet, dem Eigentümer eines benachbarten Tiergeheges von einer bevorstehenden Treibjagd Mitteilung zu machen, insbesondere dann, wenn ihm aus früheren Angelegenheiten bekannt ist, dass die Tier im Gehege durch Gewehrschüsse in Panik geraten.
3.
Die Mitteilungspflicht gilt in einem solchen Fall gerade für eine Treibjagd, bei der unkontrollierbar viele Schüsse abgegeben werden.
4.
Inwieweit eine Mitteilungspflicht auch bei Einzeljagden, bei denen lediglich vereinzelt geschossen wird, besteht, hängt von den jeweiligen Umständen ab.
5.
Der in einem benachbarten Tiergehege in folge unterlassener Mitteilung über eine Treibjagd entstanden Schaden hat der Jagdherr zu ersetzen.
- LG Münster – Urteil vom 21. Januar 1983 – 4 O 448/82 – rechtskräftig – Archiv DJV – vgl. RdL Nr. 7/83 Seite 175 und Nds. Jäger Nr. 18/83 – Seite 960
Aus den Gründen:
Der Klageanspruch ergibt sich aus § 823 BGB, nämlich aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht und nicht aus den §§ 33 ff BJagdG. Nicht zum Jagdschaden i. S. d. BJagdG gehören die Schäden, welche nicht durch, sondern nur bei Gelegenheit der Jagdausübung verursacht werden. Die Haftung für Schäden, die bei der Jagdausübung durch mangelnde Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen Dritter verursacht werden, richtet sich vielmehr nach den allgemeinen deliktsrechtlichen Vorschriften.
Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht – d. h. m Verkehr Rücksicht auf die Gefährdung anderer zu nehmen – beruht auf dem Gedanken, dass jeder, der Gefahrenquellen schafft, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen hat. Das bedeutet im vorliegenden Rechtsstreit, dass der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger von der bevorstehenden Treibjagd Mitteilung zu machen.
Dem Beklagten war aus der früheren Angelegenheit mit dem Elsternnest bekannt, dass die Tiere durch Gewehrschüsse in Panik geraten. Gerade eine Treibjagd, bei der unkontrollierbar viele Schüsse abgegeben werden, hätten den Beklagten veranlassen müssen, dem Kläger Nachricht davon zu geben. Wieweit dies auch bei Einzeljagden, bei denen lediglich vereinzelt geschossen wird, erforderlich ist, braucht an dieser Stelle nicht geprüft werden und ist auch wohl von den jeweiligen Umständen abhängig.
Gerade von dem Beklagten als Jäger ist zu erwarten, dass er die Gefahr für die Tiere in dem Wildgehege erkennt. Er handelte insoweit fahrlässig.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Kammer auch keine Zweifel mehr daran, dass die Schüsse bei der Treibjagd für die geltend gemachten Tierschäden im Gehege kausal waren. Der Zeuge hat die Geschehnisse im Tierpark, während die Jagd stattfand und danach, anschaulich und glaubhaft geschildert. Eine andere Ursache ist derzeit nicht ersichtlich.
Damit hat der Beklagte als Jagdherr den bei der Jagd angerichteten Schaden zu ersetzen.
Über die Autoren
Ralph Müller-Schallenberg
Rechtsanwalt und Fachanwalt für
Arbeitsrecht sowie Spezialist für
Jagd- und Waffenrecht.
Gregor Hugenroth
Rechtsanwalt und Fachanwalt für
Agrarrecht sowie Spezialist für
Jagd- und Waffenrecht.
Schwerpunktbereiche:
Jagd- /Waffen- /Agrarrecht, Sprengstoffrecht