Entzug des Jagscheins

 

Trotz zweimaligen Schonzeitvergehens im Unglück

Im Dezember 1999 hatte ein hessischer Jäger auf einer Gesellschaftsjagd versehentlich einen von ihm als Kitz angesprochenen nicht mehr aufhabenden Jährlingsbock erlegt. Hierfür wurde gegen ihn wegen eines Verstoßes gegen § 22 Abs. 1 Satz 2 BJG (Schonzeitvergehen) ein Bußgeld festgesetzt.

Im Mai 2000 hatte der Jäger dann ebenfalls versehentlich einen Rotspießer als Jährlingsbock angesprochen und erlegt. Auf seine Selbstanzeige hin wurde gegen ihn wiederum wegen Vergehens gegen die Schonzeit ein Bußgeld verhängt.

Im November 2001 erhielt der Jäger dann eine Ordnungsverfügung, mit dem sein Jagdschein für ungültig erklärt und eingezogen wurde. Er wurde aufgefordert, seinen Jagdschein zurückzugeben. Gleichzeitig wurde für die Wiedererteilung des Jagdscheines eine Sperrfrist von 3 ½ Jahren verhängt. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass hier ein Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Nr. 4 BJG (wiederholter Verstoß gegen die Grundsätze der Deutschen Weidgerechtigkeit) vorliege. Von einer vorherigen Anhörung war jedoch abgesehen worden. Die Untere Behörde ging nämlich davon aus, dass der Jagdschein aufgrund der beiden Vorfälle zwingend zu entziehen sei.

Über seine Rechtsanwälte rügte der Jagdscheininhaber die Rechtswidrigkeit des Bescheides. Die beiden in Rede stehenden Vorfälle wurden zwar – allerdings als Versehen - eingeräumt. Ein schwerer Verstoß gegen die Grundsätze der Deutschen Weidgerechtigkeit liege nicht vor; ausserdem sei die Ordnungsverfügung verfahrensfehlerhaft:

Der Gesetzgeber hat nämlich erst vor wenigen Jahren § 38 BJG dahingehend geändert, dass derartige Verstöße aus dem Strafrecht herausgenommen und dem Bereich der Ordnungswidrigkeiten zugeordnet wurden. In Rechtsprechung und Literatur ist zudem anerkannt, dass ein wiederholter Verstoß zwar bei einem zweimaligen Verstoß vorliegen kann, nicht jedoch muss. Insoweit war es hier von Bedeutung, dass zwischen beiden Verstößen ein gesamtes Jagdjahr lag.

Entscheidend war im vorliegenden Fall jedoch vielmehr, dass die Untere Jagdbehörde nicht – wie es ihr zwingend oblegen hätte - eine Ermessenausübung vorgenommen hatte. Dies ergab sich aus der Formulierung der Begründung des Bescheides selbst. Die Behörde war fälschlich davon ausgegangen, dass sie aufgrund der beschriebenen Vorfälle zwingend - also ohne Ermessensspielraum - gehalten gewesen sei, die Entziehung anzuordnen. In der Rechtsprechung ist es aber anerkannt, dass die jagdbehördliche Entscheidung insbesondere dann fehlerhaft ist, wenn die Gründe nicht erkennen lassen, ob überhaupt und wenn ja, welche Ermessenserwägungen angestellt wurden (VerwG Stuttgart, Urteil vom 19.06.1973, EJS IV, Seite 44 Nr. 14).

Auf Weisung der Oberen Jagdbehörde (Aufsichtsbehörde) gab die Untere Jagdbehörde dem Widerspruch im Januar 2002 statt und hob den Bescheid auf.

Wegen eines blossen Formfehlers (Nichtausübung des Ermessens) hat der Jäger also noch einmal Glück gehabt.

Darauf hinzuweisen bleibt, dass wegen der begangenen Verstöße durchaus eine Entziehung des Jagdscheines –dann aber wohl mit einer angemessenen, geringeren Sperrfrist – möglich gewesen wäre.

Rechtsanwälte Müller-Schallenberg & Knemeyer

Leverkusen