Vorsicht bei entgeltlichen Begehungsscheinen
Nicht jede entgeltliche Jagderlaubnis (entgeltlicher Begehungsschein) ist – selbst wenn sie so ausdrücklich bezeichnet wird – auch rechtlich eine solche. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen vielmehr auch als Unterpachtvertrag zu bewerten sein.
Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.11.1999 – III ZR 168/98 (NJW-RR 2000, S. 717 ff), welches sich mit der Abgrenzung einer entgeltlichen Jagderlaubnis zu einem Unterpachtvertrag und den diesbezüglichen Rechtsfolgen befasst, besprechen die Rechtsanwälte Ralph Müller-Schallenberg und Markus H.-D. Knemeyer aus Leverkusen.
Der aktuelle Fall:
Im vorliegenden Falle hatte eine Jagdgenossenschaft den Pachtvertrag mit den Pächtern fristlos gekündigt, weil diese die Jagdausübung entgegen einem im Vertrag enthaltenen Unterverpachtungsverbot unberechtigt Dritten überlassen hatten.
Die Pächter hatten zwar nicht ausdrücklich einen Unterpachtvertrag abgeschlossen, sondern entgeltliche Jagderlaubnisse an Dritte erteilt. Dabei waren die Jagderlaubnisinhaber auf Grund der mit den Pächtern getroffenen Abreden diesen gegenüber hinsichtlich der Jagdausübung und der sonstigen sich aus der Jagdpacht ergebenden Rechte und Pflichten völlig gleichgestellt.
Eine solche Vertragsgestaltung setzt der BGH entgegen der anderslautenden Bezeichnung rechtlich einem Unterpachtvertrag gleich und führt hierzu aus:
“Vereinbaren Jagdpächter und Inhaber einer entgeltlichen Jagderlaubnis, dass die Erlaubnisinhaber im Innenverhältnis zu den Jagdpächtern in Bezug auf die Wahrnehmung des Jagdausübungsrechts und der sonstigen Pächterrechte eine völlig gleichberechtigte Stellung innehaben, so ist diese Vertragsgestaltung einer Unterverpachtung gleich zu erachten”.
Mit den Jagderlaubnisinhabern wurde also eine Vereinbarung dahingehend getroffen, wonach diesen eine in Bezug auf das Jagdausübungsrecht und die Wahrnehmung der sonstigen Pächterrechte in jeder Hinsicht gleichberechtigte Stellung eingeräumt worden ist. Dies machte die Erlaubnisscheininhaber faktisch zu Unterpächtern.
Eine Unterverpachtung war den Pächtern nach den Bestimmungen des Pachtvertrages jedoch untersagt , so dass ein Vertragsverstoss der Pächter vorlag.
Der Pachtvertrag enthielt jedoch keine Regelung zu der Frage, ob ein Verstoss hiergegen die sofortige fristlose Kündigung des Verpächters rechtfertige.
Zur Konsequenz der unberechtigten Unterverpachtung führte der BGH aus:
“Ist den Pächtern eine Unterverpachtung nicht gestattet und liegen die weiteren Voraussetzungen des § 553 BGB (insbesondere eine Abmahnung) vor, so kann der Verpächter den Jagdpachtvertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen”
Jagderlaubnis oder Unterpachtvertrag?
Im Einzelfall kann die Abgrenzung schwierig sein, ob noch eine entgeltliche Jagderlaubnis oder schon ein Jagdunterpachtvertrag vorliegt.
In zwei älteren Entscheidungen hat sich bereits das OLG Celle mit dieser Abgrenzungsproblematik befasst:
Ein Vertrag über die Erteilung einer ständigen entgeltlichen Jagderlaubnis ist nicht schon deshalb als Jagdunterverpachtung zu werten, weil er Regelungen enthält, die auch bei einem Jagdpachtvertrag üblich sind (OLG Celle, Agrarrecht 1979, S. 347). Entscheidend ist vielmehr, ob die Vereinbarung über die Erteilung der entgeltlichen Jagderlaubnis eine Umgehung der Vorschriften des Jagdpachtrechts bewirkt. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal liegt insbesodere darin, dass dem Pächter im Rahmen des ihm in seiner Gesamtheit übertragenen Jagdausübungsrechts im Gegensatz zum Erlaubnisinhaber auch das Fruchtziehungsrecht, also die Aneignung und Verwertung der Jagdbeute, zusteht.
Bei einer generellen Übertragung dieses Aneignungsrechts auf den Erlaubnisinhaber wird dieser also faktisch zum Inhaber des Jagdrechts, also zum Pächter.
Soweit dem Erlaubnisinhaber also nicht bereits in der Erlaubnis die Aneignung des erlegten Wildes generell im voraus gestattet wird, liegt auch tatsächlich noch ein Begehungsschein, und nicht ein Unterpachtvertrag vor. Möglich bleibt daneben weiterhin die einzelfallbezogene Gestattung der Aneignung erst nach Erlegen des Wildes (im Wege des Verkaufs oder der Schenkung).
Das OLG Celle hat in einem weiteren Beschluss vom 29.11.1983 – 2 Ss (OWi) 203/83 (RdL 1984, S. 37 = NdsRpfl. 1984, S. 72 = JE Band IV, III Nr. 67) entschieden, dass dann, wenn sich der Begehungsscheininhaber aufgrund der Vereinbarung alles von ihm erlegte Wild aneignen darf, ein Unterpachtvertrag vorliegt. Weitere Argumente hierfür waren, dass die zwischen dem Begehungsscheininhaber und dem Jagdpächter getroffene Vereinbarung schriftlich niedergelegt war, dem Begehungscheininhaber sämtliche wesentlichen mit derAusübung des Jagdrechts in seiner Gesamtheit verbundenen Befugnisse eingeräumt waren und er darüber hinaus im Verhältnis zum Jagdpächter einen Teil des Jagdbezirks allein bejagen durfte.
Fristlose Kündigung bei unberechtigter Unterverpachtung mit oder ohne Abmahnung?
Soweit dem Pächter also die Unterverpachtung zwar vertraglich verboten ist, aber im Vertrag nichtausdrücklich für den Fall des Verstosses hiergegen dem Verpächter die Möglichkeit der fristlosen Kündigung eingeräumt wird, muss der Verpächter den Pächter zunächst abmahnen. Die gesetzlichen Vorschriften des § 11 Abs. 1 S. 1 BJG in Verbindung mit den §§ 581 Abs. 2 und 553 BGB setzen nämlich vor Ausspruch der fristlosen Kündigung eines Jagdpachtvertrages zwingend eine vorherige Abmahnung voraus. Ohne eine solche wäre die sofortige fristlose Kündigung nach dem BGH-Urteil unwirksam.
Der Verpächter kann also beim ersten Vertragsverstoss des Pächters nicht sofort kündigen, sondern muss dessen Fehlverhalten genau bezeichnen und für den Wiederholungsfall oder das Aufrechterhalten des vertragswidrigen Zustandes die fristlose Kündigung zunächst androhen. Es kann erst dann wirksam fristlos gekündigt werden, wenn der Pächter diese Warnung unbeachtet lässt.
Wenn im Pachtvertrag zwischen Verpächter und Pächter jedoch ausdrücklich sowohl vereinbart wurde, welches konkrete Verhalten einen Vertragsverstoss darstellt als auch ein Verstoss des Pächters gegen das Verbot die fristlose Kündigung rechtfertigt, so kann der Verpächter das Jagdpachtverhältnis fristlos auch ohne vorherige Abmahnung kündigen (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 9.10.1996 – 13 U 28/96).
Beim Verstoss gegen ein vertragliches Unterverpachtungsverbot kann also dann sofort fristlos gekündigt werden, wenn der Jagdpachtvertrag die Kündigungsmöglichkeit für den Fall dieses Verstosses ausdrücklich vorsieht.
Fazit:
Bei Erteilung eines entgeltlichen Begehungsscheines sollte darauf geachtet werden, dass dem Erlaubnisinhaber nicht alle Rechte des Pächters eingeräumt werden, insbesondere nicht ein generelles Wildaneignungsrecht.
Ansonsten setzt sich der eine solch weitreichende Erlaubnis erteilende Jagdpächter dem Risiko einer fristlosen Kündigung, zumindest aber einer Abmahnung durch den Verpächter aus, wenn ihm die Unterverpachtung vertraglich untersagt ist
Vgl. zum Thema auch v.Pückler, WuH 9/97, S. 62. ff
Über die Autoren
Ralph Müller-Schallenberg
Rechtsanwalt und Fachanwalt für
Arbeitsrecht sowie Spezialist für
Jagd- und Waffenrecht.
Gregor Hugenroth
Rechtsanwalt und Fachanwalt für
Agrarrecht sowie Spezialist für
Jagd- und Waffenrecht.
Schwerpunktbereiche:
Jagd- /Waffen- /Agrarrecht, Sprengstoffrecht